BGH-Urteil zur D&O-Versicherung

Mit Urteil vom 18.11.2020 (IV ZR 217/19) hat der Bundesgerichtshof zu einem wichtigen Thema für Klarheit gesorgt.

Organmitglieder haften für Pflichtverletzungen persönlich und unbegrenzt. Ein wichtiger Bestandteil in deren Anstellungsverträgen ist somit das Bestehen einer D&O-Versicherung, die sie bei Inanspruchnahme schützt.

Dabei geht es sowohl um Ansprüche der Gesellschaft gegen das Organ (Innenanspruch) als auch von Dritten (Außenanspruch).

Eine Absicherung ist in Krisenzeiten besonders wichtig – und umso bedeutsamer ist es, dass für bestimmte Fragestellungen der Versicherungsschutz dann auch tatsächlich greift.

Angesprochen im vorliegenden Urteil ist die Zahlung des Geschäftsführers nach Insolvenzreife.

Gem. § 64 S. 1 GmbHG, § 92 II AktG (ab 01.01.2021 nun in §§ 15 a, 15b InsO) ist die Geschäftsleitung der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Einritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet wurden (ausgenommen sind sog. „privilegierte Zahlungen“ (dies sind solche, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind). Es geht insoweit um Zahlungen zwischen materieller Insolvenzreife und der tatsächlichen Insolvenzantragstellung. Häufig werden Insolvenzverwalter diese Ansprüche gegen das Organ geltend machen.

Bisherige Rechtslage
Spätestens seit einer unveröffentlichten Entscheidung des OLG Celle aus dem Jahr 2016 (siehe FidesSecur Aktuell, Ausgabe Herbst/Winter 2017) wurde das Thema diskutiert. Weitere Obergerichtliche Entscheidungen, insbesondere OLG Düsseldorf vom 20.07.2018, haben festgestellt, dass die genannten Ansprüche nicht unter den Schutzbereich der D&O-Versicherung fallen, da es sich nicht um Schadenersatzansprüche handele, sondern um Ansprüche eigener Art. Versichert seien aber nur Schadenersatzansprüche, weshalb Deckung abgelehnt wurde.

Dies hat zu Aufregung und Unsicherheiten bei den leitenden Organen geführt. In der Fachwelt war diese Rechtsprechung umstritten, es wurde damit argumentiert, dass die Rechtsnatur der Anspruchsgrundlage nicht maßgeblich für die Frage der Einbeziehung in den Versicherungsschutz sein kann und der Empfängerhorizont der versicherten Person bei der Auslegung der Bedingungen beachtet werden muss.

Auch auf Seiten der Versicherer waren die Ansichten unterschiedlich.

Um den Organen und unseren Kunden Sicherheit zu verschaffen, haben wir uns von den wichtigsten Risikoträgern in der D&O-Versicherung schriftlich bestätigen lassen, dass es sich bei dem §§ 64, Satz 1 GmbHG, 92 II AktG um einen mitversicherten Anspruch handelt bzw. eine entsprechende Dokumentierung veranlasst

Aktuelle Rechtssprechung:
Das Urteil des BGH schafft nun Klarheit auch in den Fällen, in denen dies nicht erfolgt ist oder in denen der Versicherer keine entsprechende Regelung aufnehmen wollte

Es wurde entschieden, dass auch die Ansprüche nach § 64 GmbHG unter einer D&O-Versicherung gedeckt sind. Hierbei wurden die bisher von der Fachwelt geäußerten Einwände aufgegriffen. Insbesondere wird darauf abgestellt, dass Versicherungsbedingungen so auszulegen sind, „wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht.“ Der versicherte Geschäftsführer muss nicht davon ausgehen, „dass gerade das für ihn bedeutende und potentiell existenzvernichtende Haftpflichtrisiko aus § 64 GmbHG von der Deckung […] ausgenommen sein soll […]“.

Ausblick:
§ 64 GmbHG und § 92 II AktG wurden zum 01.01.2021 durch §§ 15a, 15b InsO abgelöst.

Grundsätzlich wird in § 15b Abs. 1, 4 InsO die Haftung analog zur früheren Regelung getroffen, allerdings ist die Haftung auf den Schaden der Gläubigerschaft beschränkt. Außerdem werden Auslegungsregelungen zur Zulässigkeit von Zahlungen und zur Ersatzpflicht getroffen.

Fazit:
Das Urteil bestätigt eine bereits verbreitete, gerichtlich aber bislang noch nicht durchgesetzte Auffassung. Insbesondere bei den aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit Covid 19 ist dies eine begrüßenswerte Entscheidung, die Geschäftsführern Sicherheit gibt.

Bild: © Gina Sanders – stock.adobe.com

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